Bauers Depeschen


Mittwoch, 31. Dezember 2014, 1402. Depesche



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LIED DES TAGES



LIEBE GÄSTE,

auch im kommenden Jahr hat der Flaneursalon durchgehend geöffnet. Digital und live, bei Bedarf kommt er ins Haus. Schon am Samstag, 7. Februar, sind wir im Gewölbekeller der UHLBACHER KELTER: mit Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Dacia Bridges, Michael Gaedt & Anja Binder. Ich bedanke mich bei allen Unterstützern, Mitmachern, Weggefährten, Sympathisanten für ein ordentliches, keineswegs trostloses 2014. Dinge wie den Flaneursalon erfinden wir ja auch, um uns zu trösten. Allen Besucherinnen und Besuchern dieser Seite und meiner Veranstaltungen wünsche ich ein erregendes 2015. Bleiben Sie meinem, bleiben Sie unserem kleinen, noch halbwegs saftigen Unterhaltungsladen treu. Es gibt schlimmere Methoden, die Zeit totzuschlagen. Und wenn Sie mal Zeit finden, dann schreiben Sie doch ihre Gedanken im LESERSALON auf ... etwas Austausch dient gelegentlich dem Menschsein.



PEGIDA: STUTTGARTER GEGENDEMO AM 5. JANUAR

Unter dem Motto "Flüchtlinge sind willkommen! Gemeinsam gegen Pegida, Rassismus & Hetze" rufen Die Anstifter kurzfristig zu einer Stuttgarter Kundgebung/Demonstration auf. Termin: Montag, 5. Januar 2015, 17 Uhr, Schlossplatz. Auszug aus dem Aufruf: "Asylheime brennen, und der rechte Mob macht immer unerträglicher Stimmung gegen Flüchtlinge und MigrantInnen. Höchste Zeit, dagegen ein deutliches Zeichen zu setzen!" Viele Organisationen unterstützen die Aktion. - Am 29. Dezember wurde bekannt, dass der Stuttgarter "Pegida"-Arm "Stugida" (genannt Stupida) einen ersten Aufmarsch plant. Wann und wo, weiß man nicht.



Die aktuelle StN-Kolumne:



AB IN DIE ZUKUNFT

Bis heute weiß ich nicht, was gefeiert wird, wenn das Jahr zu Ende geht. Ob man mit den vielen Raketen die Vergangenheit abschießt oder die Zukunft befeuert. Die Zukunft kommt ja trotz des läppischen Fortschrittsgetues der Politiker in der Regel von allein – und war, Karl Valentin hat es uns gelehrt, früher besser.

Zum Jahresende ist der Schnee ohne Visum ins Land gekommen, auch mitten in die Stadt, und die Frage stellt sich, ob man ihn dulden kann, selbst wenn man sich sicher ist, dass er wieder verschwindet.

Eigenartig ist die Sucht auf Rückblicke am Jahresende. Einige Medien stellen heute aus Konkurrenzgründen ihre Rückblicke auf das Jahr schon zusammen, bevor es begonnen hat. Das sagt einiges über die Berichterstattung im Lauf des Jahres.

Es gibt aber auch zuverlässige Rückblick-Fakten. Etwa die prominenten Verstorbenen. Die werden als „Tote des Jahres“ gewürdigt, ähnlich wie die Autos, die Fußballer und die Pfeifen des Jahres. Meistens sind die Toten des Jahres wirklich tot, nicht nur scheintot wie die grünen Machtmenschen Kretschmann und Kuhn. Aus wahltaktischen Gründen hört man von denen oft monatelang kein Sterbenswörtchen.

Als ich versucht habe, mich an einen Toten des Jahres zu erinnern, fiel mir zunächst nur der Schauspieler Joachim Fuchsberger ein. Das liegt an meiner Macke, mich pausenlos mit einer Stadt namens Stuttgart zu beschäftigen. Nachdem Fuchsberger gestorben war, hieß es in einigen Nachrufen, er sei in Stuttgart geboren. In Wahrheit kommt er aus Zuffenhausen (eigentlich ist er 1927 im Stuttgarter Charlottenhaus geboren - aber das gilt nicht). 1927 gehörte Stuttgart noch gar nicht zu Zuffenhausen. Die Eingemeindung erfolgte erst 1931, und bis heute ist Zuffenhausen weltweit viel bekannter als Stuttgart, was weniger mit Fuchsbergers Schauspielerei zu tun hat als mit den Autos von Porsche.

Als Fuchsberger tot war, hörte ich ihn in einem – zuvor geführten – Interview sagen, er sei nie ein großer Zukunftsplaner gewesen. Die Entscheidung, wie eine Hürde zu nehmen sei, habe er immer erst gefällt, wenn er vor der Hürde gestanden habe. Diese Haltung ist sehr sympathisch. Ohne Rücksicht auf die biblische Warnung, wonach wir bloß Gast im Garden Eden sind, wird dieser Garten pausenlos von den Zukunftsplanern verschandelt, vergiftet, bombardiert.

Die zeitlose Klasse des Spontanplaners Fuchsberger beweist die Tatsache, dass sein von ihm geschriebenes Libretto der Stuttgarter-Kickers-Hymne noch heute vor jeder Partie abgespielt wird. Die ehrbaren Fans wollen es so, und mir ist es jedes Mal ein Graus, wenn kurz danach Helene Fischers Bierzelt-Heuler „Atemlos durch die Nacht“ die Luft verschmutzt.

„Blacky“ Fuchsbergers Kickers-Lyrik zur Musik des 2010 verstorbenen Erwin Lehn ist geprägt von einer einzigartigen Wortartistik zur Überwindung der rhythmischen Hürden eines Songtextes: „Wenn die Kickers auf dem Rasen / Hier daheim und anderswo, / Wie ein Mann zum Angriff blasen, / Dann ihr Leute klingt das so: / Heja, heja Kickers vor, / Heja Kickers noch ein Tor.“

Allein die Zeile „Hier daheim und anderswo“ gilt mir als poetischer Geniestreich auf dem Weg zum tödlichen Reim. Darum blicke ich auf 2014 mit dem Hinweis auf ein großes, nicht gebührend gewürdigtes Jubiläum zurück: Fuchsberger hat das Kickers-Lied vor vierzig Jahren geschrieben. Dagegen ist der deutsche WM-Sieg 1974 nur eine historische Randnotiz, vor allem wenn man miterlebt, welche Entgleisungen im Textbereich sich heute ein Beckenbauer leistet.

Der zweite Prominente auf der Tote-des-Jahres-Liste, der mir noch einfällt, ist der Entertainer Udo Jürgens. Noch ehe der Schnee ins Land kam, war er ins Umfeld der bescheuerten Pegida-Aufmärsche geraten. Schuld war sein Satz vom September 2014: „Es scheint wichtiger, dass FC Bayern im Fußball gewinnt, als der Frage nachzugehen, ob der Islam eine Gefahr für uns darstellt.“

Sofort versuchten neben Islam-Kritikern und Bayern-Hassern auch Nazis und Rassisten, den österreichischen Sänger zu vereinnahmen. Dabei gibt es keine Zweifel, dass Udo Jürgens zeit seines Lebens eine weltoffene Haltung einnahm. Schon in den sechziger Jahren bewies er das mit den Versen: „Es wird Nacht, Señorita, und ich hab’ kein Quartier. / Nimm’ mich mit in dein Häuschen, ich will gar nichts von dir!“

Erstens zeugt diese bis heute unterschätzte Poesie von einer eindeutig antirassistisch geprägten Ausländerfreundlichkeit, etwa gegenüber spanisch sprechenden Damen. Zweitens offenbaren die Worte „Ich hab’ kein Quartier“ einen geradezu hellseherischen Blick auf die Asylanten-Not unserer Tage. Drittens verweist die Ankündigung „Ich will gar nichts von dir“ auf eine extrem frühe und damit zukunftsweisende Position des Sängers im Kampf gegen den Sexismus.

Ihnen, hochverehrtes Publikum, wünsche ich alles Beste im neuen Jahr, vor allem gutes menschliches Gespür beim Anblick der Hürden. Ich verabschiede mich mit dem frommen Wunsch des großen Zukunftsforschers Karl Valentin: „Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.“



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