Bauers Depeschen


Donnerstag, 08. Mai 2014, 1282. Depesche



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Betr.: Flaneursalon live: Karten jetzt auch bei Ratzer

WERTE GÄSTE,

am Mittwoch, 28. Mai, ist der Flaneursalon wundersamerweise zum ersten Mal im altehrwürdigen Laboratorium in der Wagenburgstraße - aber der Vorverkauft läuft leider nicht gut. Vielleicht lässt sich da noch was machen, im roten Osten der Stadt. Wir haben eine schöne Besetzung: Der Sänger und Akkordeon-Virtuose Stefan Hiss bringt noch zwei Kollegen mit, darunter seinen Sohn Joscha Brettschneider an der Gitarre. Die Sängerin Dacia Bridges ist mit ihrem Gitarristen dabei, und mein alter Freund Roland Baisch mischt als Joker mit. Karten gibt es via LABORATORIUM im Internet - und ab sofort auch im Plattencafé Ratzer im Leonhardsviertel.



BLOCKUPY IN STUTTGART

Zum ersten Mal findet eine Blockupy-Demo mit Kundgebungen in Stuttgart statt, und zwar am Samstag, 17. Mai (gleichzeitig mit Veranstaltungen in Berlin, Hamburg und Düsseldorf). Thema: "Für ein Europa von unten". Start ist um 12 Uhr in der Lautenschlagerstraße am Bahnhof. Dort sage ich ein paar Worte.



Der Klick zum

LIED DES TAGES



Die StN-Kolumne:



DAS ANDERE STUTTGART

Es ist eine lange Tour, sechs Stunden zu Fuß und mit der Bahn, sie führt mich hinaus in eine fremde Stadt, die Stuttgart heißt.

Ich startet an einem der Unorte, die sie Zukunft nennen. Im Europaviertel. Nichts deutet auf diesen Namen hin. Das Europaviertel ist eine leblose Plattenbauansammlung aus Beton und Glas, eine die Topografie der Stadt und die Architektur der Stadtbibliothek zerstörende Euro-Mine zum Gewinn von Kohle. Eine Geldmaschine.

Claims in diesem Neubaugebiet, einem Stuttgart-21-Produkt, hat man unter den Namen Mailänder Platz, Stockholmer Platz, Lissabonner Platz, Pariser Platz ab­gesteckt. Diese Bezeichnungen spiegeln provinzielle Großmannssucht. Die unfreiwilligen Namensgeber sollten sich dagegen wehren. Der größte sogenannte Platz, der Pariser, sieht aus wie ein leerer Autoparkplatz. Am Rand hat man ein teures, nichtssagendes Wasserspiel installiert, und ich weiß nicht, ob es Zufall oder schwarzer Humor ist, dass neben diesem Trog ein Wahlplakat hängt: „Flüchtlinge schützen, nicht ertrinken lassen!“.

Seit einiger Zeit hat am Pariser Nichtplatz die Burgergrill-Bar der Kette Hans im Glück geöffnet. Es gibt Plätze im Freien, im Innern hängen Vogelhaus-Attrappen an der Wand, das Lokal ist mit Baumstämmen zugestellt. Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Birkenwald. Eine legendäres Lokal namens Hans im Glück gab es übrigens bis 2005 am Hans-im-Glück-Brunnen im historischen Kern von Stuttgart. Der Wirt Götz Bremme, zuvor im Exil beim ­Marienplatz am Tresen, hatte die Bar 1986 eröffnet. Er war ein Cocktail-Künstler, ­mixte die besten Drinks weit und breit; leider ist er 2007 gestorben.

Mein Hans-im-Glück-Burger schmeckt, der Salat ist frisch, der Ausblick merkwürdig. Aus Respekt vor Frankreichs Hauptstadt und allen guten Stadtplanern dieser Welt nenne ich den Pariser Platz und seine Umgebung künftig QUARTIER KRETIN.

Zurück in die Bahn, Linie 6 nach Feuerbach. Am Bahnhof durch die Unterführung zum Industriegebiet, nach Klein-Istanbul. In der Albrechtstraße, am Eingang zum Türkenviertel, lasse ich mich im Salon Berber rasieren. Man kann nicht wissen, wann eine Tour zu Ende geht. Weiter zur Mauser­straße, der Hauptader des türkischen Quartiers mit seinen Restaurants, Läden und einer Moschee, die im Lauf der Jahre zu klein geworden ist für die vielen Besucher. Im früheren Werk 8 der Firma Behr, die heute zu Mahle gehört, sind junge Künstler eingezogen; einige studieren an der Akademie, andere sind von der sterbenden Künstlerkolonie am Nordbahnhof gekommen. Die türkische Großbäckerei ­Metropol in der Mauserstraße, wo es sensationelle Süßigkeiten gibt, hat die Gebäude übernommen und einen Teil als Ateliers vermietet. In einem der Räume erarbeitet der Stadtplaner Luigi Pantisano von der Stuttgarter Universität mit seinen Studenten Ideen für die Entwicklung des Türkenviertels. Wir reden eine Weile. Am 22. Mai wird das Künstlerquartier auf dem Behr-Terrain offiziell eröffnet. Dann kommen die Rathauspolitiker und ihr in Einweihungen erfahrener Oberbürgermeister; zuletzt hatte er einen großen Auftritt, als man am Eugens­platz mit Stuttgarter Humorverständnis einen steinernen Mops auf die Gedenksäule für den Komiker Loriot setzte.

Als ich im Werk 8 herumgehe, proben Musiker für das große Fest, mein Signal zum Aufbruch. Ich verlasse das Werk 8, gehe an den Eisenbahnschienen entlang, kann auf der anderen Seite die Schrotthäufen der Recycling-Firma Karle sehen; Karle („Einer für alles“) ist vom Nordbahnhof nach Feuerbach gezogen. Nach einem ordentlichen Fußmarsch durch unbekanntes Gebiet erreiche ich das nächste Alternativ-Quartier, direkt an den Gleisen. Nach der früher hier angesiedelten Klimatechnik-Firma Schick heißt es Schick-Areal. Ein bunter Haufen hat sich niedergelassen. Kaffeeröster, Ökodrucker, Tonstudio-Techniker, ­Maler, Fotografen. Der Vespa-Club hat sich schöne Räume gestaltet. Ich bin in einem anderen Stuttgart, weit weg vom Schlossplatz, treffe alte Bekannte. Der Fotograf Lutz Schelhorn hat erst neulich vor seiner Ateliertür das denkmalgeschützte Stellwerkhäuschen aufgenommen, als gerade ein historischer Zug vorbeifuhr. Das Bild will ich haben.

Wieder zum Feuerbacher Bahnhof, mit der Linie 13 hinunter nach Bad Cannstatt. Letztes Ziel ist der Platz der Leute, die vor wenigen Jahren die Waggon-Kolonie am Nordbahnhof verlassen mussten und nach langen Verhandlungen mit den Behörden in der Nähe des ehemaligen Güterbahnhofs ein Gelände gefunden haben. Originell ­gestaltete Hütten, alte Nordbahnhof-Waggons, Container. Ein kleiner Freiraum ­namens Contain’t für Leute mit Fantasie. Sie machen Kunst, Architektur, experimentieren. Bis heute aber haben sie keine ­Genehmigung für öffentliche Veranstaltungen erhalten. Die aber wäre die Basis für ihre Existenz. Jetzt haben sie erfahren, dass ihre Tage gezählt sind. Im November müssen sie gehen, die Stadt lässt die Oase ­bebauen. Ein sogenanntes Neckarpark­projekt. Ach, Neckar, du bist weit weg.

Das Rathaus hat den Contain’t-Künstlern ein andere Gelände in der Nähe der Mercedes-Benz Arena angeboten. Der Oberbürgermeister hat gesagt, dort könnten sie sich ausleben. Im neuen Quartier aber sollen auch 240 Asylanten in Containern unter­gebracht werden. Diesen Menschen, sagen die Contain’t-Leute, können und wollen sie auf keinen Fall Veranstaltungen zumuten.

Wie so oft ist die Politik weit weg von der Stadt und den Menschen. Weit weg von diesem anderen Stuttgart. Ich kann das Riesenrad auf dem Wasen sehen, gehe los und suche in Cannstatt eine Bahnstation.



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