Bauers Depeschen


Dienstag, 25. September 2012, 982. Depesche



 

HEUTE FLANEURSALON

IM SPEAKEASY

Rotebühlplatz 11, schöner Kellerclub: Die Lieder- und Geschichtenshow am heutigen Dienstag im Speakeasy mit: Zam Helga, Dacia Bridges & Alex Scholpp, Toba Borke & Pheel. Beginn 20.30 Uhr. Es gibt noch Karten zu 12 € an der Abendkasse.



DEMO-WOCHENENDE

AM SAMSTAG, 29. September, gibt es vor dem zweiten Jahrestag des "Schwarzen Donnerstags" (30. September) eine Stuttgarter Großdemo. Die Kundgebung geht thematisch über S 21 hinaus, sie behandelt Justizwillkür, Spekulantengier, Stadtzerstörung, Bankendiktatur - und läuft so:

13 UHR HAUPTBAHNHOF: Stuttgarts ehemaliger Bahnhofsvorsteher Egon Hopfenzitz geht mit seinem Florenzer Pendant Tiziano Cardosi auf die Bühne; der Italiener kämpft in seiner Heimat gegen ein Großprojekt der von ehemaligen Automanagern geführten Bahn. - Danach Demozug zum Schlossplatz.

14.30 UHR SCHLOSSPLATZ: Es reden Walter Sittler, Volker Lösch, Michael Wilk (Frankfurt am Main), Dieter Reicherter, Winfried Wolf (Berlin), Joe Bauer.

Musik: Mood a.k.a., Rapper Toba Borke, Kleines Elektronisches Weltorchester (Mannheim), Trommlergruppe Lokomotive Stuttgart.

AM SONNTAG, 30. September, findet im Mittleren Schlossgarten der zweite Gedenktag zum Angriff der Polizei-Wasserwerfer auf die Demonstranten gegen Stuttgart 21 statt. Lesungen, Musik. Beginn: 11 Uhr.



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



ZUFRIEDENHEITSGARANTIE

Kurz vor dem Winterschlaf wird allenthalben bemängelt, der Wahlkampf um den OB-Job sei stinklangweilig. In nicht einmal zwei Wochen ist Termin, und immer noch werden keine Verletzten aus dem Ring getragen. Die erste Runde ist ja sowieso nicht spannend, weil es einen zweiten Wahlgang geben wird. Das ist der Gang der Dinge, und wer schon öfter zur Wahl gegangen ist, hat gelernt, dass eine Wahl nichts ins Gang setzt außer lahmen Sprüchen.

Das schöne Wort Urnengang hat mich am Sonntag bewogen, wieder mal den Hoppenlaufriedhof zu besuchen. Es ist sinnvoller, sich auf dem Gebeinsacker Gedanken über die Gegenwart zu machen als Hoffnungen auf Veränderungen nach der Wahl. Der Hoppenlaufriedhof ist das beste Beispiel für den Umgang der Politiker mit ihrer Stadt. Sie haben nicht mal mehr das Geld, die Ruhestätten ihrer ehrbaren Verstorbenen am Leben zu erhalten. Bei uns sterben sogar die Wahrzeichen des Todes vor sich hin.

Originell fand ich zuletzt die Ankündigung der Industrie- und Handelskammer (IHK), KEINEN der OB-Kandidaten zu empfehlen. Auch nicht für den millionenschweren Wirtschaftsstatthalter und Laugenbrezel-Sympathisanten in Diensten von CDU, FDP, Freier Wähler. Die Bewerber, monieren die IHK-Chefs, seien nicht zufriedenstellend wirtschaftskompatibel.

Normaler­weise ist die Wirtschaft kompromisslos für die Deregulierung des Marktes, gegen jede Kontrolle, für das neoliberale Spiel der Spekulanten. Bloß keine Ein­mischung des Staates. Das gilt selbstverständlich nicht, wenn die Wirtschaft Wünsche hat. Da hat der Staat gefälligst zu „liefern“, und zwar subito.

Beanstandet hat die IHK die zarte Kritik gewisser Kandidaten an der städtischen „Baukultur“. Wer Kritik an der Architektur äußert, darf auf keinen Fall die Hochbunker der Investoren ansprechen. Investoren sind heilig, ­Garanten der Profitmaximierung. Zwar sehen Industriemanager eine Stadt als „Standortfaktor“, als „Marke“. Die so­genannte Unternehmenskultur – im Fall einer Stadt wäre die Architektur ein wichtiger Teil ­davon – scheint aber keine Rolle zu spielen. Es ist nicht wichtig, wenn sich das Industrieprodukt Stuttgart als ziemlich schäbig darstellt.

Die Journalistin Amber Sayah, Kulturkritikerin der „Stuttgarter Zeitung“, schreibt in dem von ihr herausgegebenen Buch „Architekturstadt Stuttgart“: „Nein, Stuttgart ist keine Architekturstadt, weil sie ihre Ressourcen nicht zu nutzen weiß. Es gibt zahlreiche ansehnliche, zum Teil sogar hervorragende Bauten, doch das Stadtbild prägen sie kaum. Auf dem Vormarsch ist die kalte Beliebigkeit schnell hochgezogener Büro- und Geschäftshäuser, dazu schreitet im Zentrum die Ausweitung der Konsumzone mit immer mehr immer gleichen Shoppingmalls fort, an den Rändern das gesichtslose Nebeneinander von Gewerbe­bauten, Discountmärkten, Tankstellen und Fertighäusern wie überall. Die Außenwahrnehmung ist niederschmetternd . . .“

Ich nehme an, bei dieser Art ernsthafter Auseinandersetzung mit der „Baukultur“ einer Stadt geht es zu sehr um Äußerlich­keiten. Den wahren Kern, die große Klasse Stuttgarts lehrt uns wie stets die Werbung. Das grün-rot geführte Staatsministerium in der Richard-Wagner-Straße – vor Hitlers Machtergreifung hieß sie Heinrich-Heine-Straße – verantwortet eine sogenannte Imagekampagne, die zur Freude der Blogger als unfreiwillige Satire im Internet kursiert.

Obwohl die Anzeigen, wohl aus einem unheilbaren Minderwertigkeitskomplex geboren, vor läppischen Superlativen nur so strotzen, obwohl wir die „Zukunft“ als „Übermorgenmacher“ beherrschen, haben wir anscheinend keine einzige Werbeagentur in der Stadt. Die Kampagne hat nämlich die Kölner Firma „Zum goldenen Hirschen“ produziert. Und weil Röhren zum Handwerk gehört, ist Stuttgart nicht nur „die nachhaltigste Stadt Deutschlands“ (es klingt wie Donnerbalkenhall). BW ist auch „Das erste Land mit Zufriedenheitsgarantie“ (wird sich wohl um Sex handeln). Jugendfreie Anzeigen und Videos versprechen: „Wir zahlen jedem, dem es hier nicht gefällt, den Umzug zurück“ (auch OB-Kandidaten).

Dieses Reklame-Gedöns spiegelt das kulturelle Format der grün-roten Landes­regierung und passt gut in den OB-Wahlkampf, der bekanntlich keinen toten Hirsch hinterm Brezelofen hervorlockt. Eine Landesregierung mit Zufriedenheits­garantie übernimmt sicher auch die Haftung für provinziellen Größenwahn.



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