Bauers Depeschen


Dienstag, 04. September 2012, 971. Depesche

TAGEBUCHEINTRAG

Sitze in der Eisenbahn. Let the good times roll.



DIE SHOW

Der Flaneursalon ist eine Mix-Show mit Popsongs, Rap und vorgetragenen Geschichten - ein Live-Abend mit Humor, schnellen Schnitten und reichlich Abwechslung. Blöderweise geistert immer der Begriff "Lesung" herum, hingeschrieben von Leuten, die den Flaneursalon nicht kennen. Neulich las ich im "lift", ich hätte eine "Lesung" im Hafen gemacht. In Wahrheit waren neun Musiker und unsereins im Hafen, um die Show namens Flaneursalon auf die Bühne zu stellen. Am Dienstag, 25. September, sind wir im Speakeasy, Rotebühlpatz 11 - mit dem Rapper Toba Borke und seinem Beatboxer Pheel, mit der Balladensängerin Dacia Bridges und ihrem Gitarristen sowie dem Sänger/Songschreiber Zam Helga. Schade, dass von den Leuten, die diese Seite lesen, nicht mal ein Bruchteil zu unseren Veranstaltungen kommt. Die Sache ist einfach: Sollte es den Flaneursalon nicht mehr geben, wird logischerweise diese Homepage aus dem Netz genommen. Karten zu 12 € gibt es Di - Sa im Plattencafé Ratzer Racords im Leonhardsviertel (neben dem Brunnenwirt) und im Internet: EVENTBÜRO



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



WENN DER HARLEKIN KOMMT

Im September kommt der Harlekin in die Stadt, der Hanswurst mit den Kastanien und den bunten Flicken. Mein Harlekin heißt Herbst. Im September passiert viel in der Stadt, besonders in diesem September.

Die Kneipe Schlampazius neben dem Live-Club Laboratorium in der Wagenburgstraße feiert gerade ihren 40. Geburtstag. So alt muss ein Wirtshaus erst mal werden. Das Schlampazius ist eine Gedenkstätte aus der wilden Zeit, in der sich auch die Wirtshäuser veränderten. Man betritt ein Museum mit stattlicher Requisiten-Sammlung, ein Wohnheim für lebende Relikte. Mit leichter Verspätung, im Rückblick auf die sechziger Jahre, wurde es am 3. September 1972 als subkultureller Außenposten im einst roten Osten eröffnet.

Die Alten mit den Che-Guevara-Shirts sind am Tresen hängen geblieben, die Jungen mit den Che-Guevara-Shirts hinzugekommen. Das Schlampazius ist eine Herbst-Kneipe. Die Sommertage sind vorbei, und der Winter kann warten.

Harlekin-Saison in der Stadt. Am Freitag, 7. September, wird Bob Dylans neues Album bei uns ausgeliefert. Es heißt „Tempest“: Gewitter, Sturm. Was für ein schöner Herbsttitel. Ich sitze vor dem Brunnenwirt unter der Markise, im Höllenlärm der Stadtautobahn. Links der Plattenladen Ratzer. Ich weiß, die Frage ist sinnlos, ich stelle sie trotzdem und kenne die Antwort: Dylan – nicht da.

Rechts von mir grinst eine gebeugte Gestalt mit Brille und bloßgelegten Zähnen herüber, im Hintergrund sieht man Sonnenblumen. Vielleicht ein Hase beim Frühstück. Es ist Freitag, ich mache mich über meinen Rotbarsch mit Kartoffelsalat her. Der Grußonkel auf dem Großplakat am Straßenrand nennt sich „Bürger“.

Vor zwei Jahren im September sind Zigtausend Bürger der Stadt auf die Straße gegangen. Sie fühlten sich verraten und verkauft. Ihrer Werte, ihrer Würde als Bürger beraubt. Bald hat man ihnen auch das Wort „Bürger“ gestohlen. Der „Bürger“ wurde eine Werbemarke. „Ein Bürger als Oberbürgermeister“.

Werbung geht so: Eine Lucky Strike ist keine Zigarette. Kein Gift. It’s toasted. Mehr muss man über Werbung nicht wissen.

Weil der musikalische Springteufel Bob Dylan in diesen Tagen sein neues Album herausbringt, habe ich sein biografisches Buch „Chronicles“ in die Tasche gesteckt und unterwegs mal wieder darin gelesen:

„Manchmal weiß man, dass sich etwas ändern muss, ändern wird, aber es ist nur eine Ahnung, so wie in Sam Cookes Song ,A Change Is Gonna Come‘ – man hat es nicht klar und zielsicher vor Augen. Unscheinbare Vorzeichen kündigen einen Wandel an, doch sie sind nicht leicht zu erkennen. Und dann gerät auf einmal alles in Bewegung, man springt ins Unbekannte . . .“

Noch bis Mitte September ist Musikfest in der Stadt. Heute, am Dienstag (15 Uhr), steigt ein Glockenmusik-Konzert in der Leonhardskirche in der Altstadt, wo es freitags Rotbarsch gibt. „Stuttgart ist ungewöhnlich reich an besonders klangschönen historischen und modernen Glocken“, schreibt der Veranstalter. „Glocken prägen den Klang einer Stadtlandschaft und bilden deren Klangsilhouette.“

Ich habe Zweifel, ob es Glocken sind, die den Klang der Stadt prägen. Ich höre Marktschreier und Baumaschinen. Den Rest der Klangsilhouette zerstört die Autobahn.

Bald ist Herbst. Am 30. September jährt sich der Schwarze Donnerstag zum zweiten Mal. Der 30. September 2010 war der Tag des Wasserwerfer-Angriffs der Polizei auf die Demonstranten im Schlossgarten. Die dafür verantwortliche Regierung ist nicht mehr im Amt. Die neue hat nichts dafür getan, die Sache aufzuklären. Ende September wird es wieder Demonstrationen geben in der Stadt.

Alles gerät in Bewegung, man springt ins Unbekannte, und der Harlekin grüßt. „Glückwunsch, ich bin der heiße Herbst“, sagt er und bestellt sich einen Punsch im Schlampazius. Wenn es einen Preis für Kneipennamen gäbe, müsste ihn das Schlampazius bekommen.

Keiner weiß genau, was ein Schlampazius ist. Vermutlich keiner, der morgens aufsteht, weil andere an den Fäden ziehen: Aufstehen, Oberbürgermeister werden! Der Bürger-Oberbürgermeisterkandidat schlüpft in seine Bürgerkleidung und zieht die bewährten Filz-Pantoffeln an. Ein Schlampazius bestellt barfuß einen Oberjägermeister.

Alles in Bewegung. Ende September ist Volksfest. Am ersten Oktobersonntag Oberbürgermeisterwahl. Und dann kommt der Weihnachtsmann.



KOMMENTARE SCHREIBEN IM LESERSALON



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

FlUEGEL TV

RAILOMOTIVE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND

 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·