Bauers Depeschen


Samstag, 30. Juni 2012, 939. Depesche



 

DAS FEST ZUR

STUTTGARTER ERKLÄRUNG

Bürgerprotest: An diesem Samstag findet im Kunstverein am Schlossplatz ein Abend zur Feier der 12 000 Unterschriften für die "Stuttgarter Erklärung" statt. Kleines Programm: Die Initiatorin Ulrike Braun spricht, Musiker spielen, die Kabarettistin Christine Prayon tritt auf, ich lese was vor. Danach offene Gesprächsrunde. Beginn 18.30 Uhr.

Nächster Flaneursalon: Dienstag, 25. September, Speakeasy, Rotebühlplatz 11. Mit Toba Borke & Pheel, Zam Helga, Dacia Bridges & Alex Scholpp.



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



POLTERPARTY

Für die Sorte Deutscher, die gern Flagge zeigen, ist die Fußball-Europameisterschaft vorbei. Auch wenn das wichtigste Spiel erst noch bevorsteht. Nach der Niederlage der Deutschen gegen die Italiener gingen die Ereignis- und Erfolgstouristen des Fußballs beleidigt von der Fahne. Lustigerweise fuhren in der Nacht nach dem Halbfinale noch einige hupende Autos mit schwarz-rot-goldener Sieger-Deko durch die Stadt. Ihre Insassen hatten vom Aus ihres Teams nichts mitbekommen, weil die Vorbereitung fürs Hupen selten Zeit für das Spiel lässt.

Ich bin froh, dass die EM bei uns vorbei ist. Man kann sich jetzt dem Finale zwischen Spanien und Italien widmen, ohne Gefahr zu laufen, irgendwo in den Straßen an einer schwarz-rot-goldenen Girlande erhängt oder von einem schwarz-rot-goldenen Mädchenschal erdrosselt zu werden.

Die Partys junger, gut vorgeglühter Mitmenschen mit ihrem nationalistisch gefärbten Deutschland-Gelalle lenken einen schon deshalb extrem vom Fußball ab, weil das Fußballpartyvolk mit Fußball nie etwas am Hut, aber immer eine Fahne am selbigen hat. Wer versehentlich in die Nationalparks der kostümierten Mitläufer geriet, erkannte ihr großes Vorbild rasch in der irr zuckenden Bundeskanzlerin auf der Tribüne. Von dort waren es nur wenige Schritte zu Frau Müller-Hohensteins Beglückungsstrand von Usedom.

Wie gesagt, Fußball ist in Deutschland gelaufen. Wäre der Wahnsinn noch eine Weile weitergegangen, hätte ich womöglich vergessen, mir rechtzeitig meine Dauerkarte für die Stuttgarter ­Kickers und eine Extrakarte für unser großes Spiel am 15. Juli gegen Celtic Glasgow zu bestellen. Celtic Glasgow ist schottischer Meister, die ­Kickers sind Meister der Regionalliga Süd. Wir stehen also vor einem europäischen Gipfeltreffen. Fußballspiele auf der schönen Waldau sind generell Gipfeltreffen. Wie unter­irdisch wäre vergleichsweise ein ­Dasein in Bad Cannstatt am Neckar.

Es ist schwer, nach dieser Europameisterschaft vom Partyrausch herunterzukommen. Sich bei den Stadtrand-Erholungsspielen der Kickers aus­zunüchtern. Durch das permanente Fußballschauen auf Fernsehschirmen und Leinwänden gerät der Mensch in eine psychische Quarantäne. Er bekommt von der Welt nichts mehr mit. Politiker und andere Banditen können in dieser Zeit die größten Sauereien veran­stalten, ohne beachtet zu werden. Solange die Deutschen gewinnen, darf Frau Merkel Italiener und Spanier unter dem Rettungsschirm zusammenfalten, bis die Grund­wassermanager ganz Stuttgart fluten.

Und fast wäre die Geschichte vom ­Energie-Großdealer Mappus an den Marionetten­fäden des CDU-geschulten Investment­bankers Notheis im Nationalsuff untergegangen. Dann hätten wir nicht erfahren, wie Provinzpolitiker mit Kreisklasse-­Managern Doppelpässe spielen und die Steuermilliarden eines Bundes­landes versenken. Notheis per E-Mail an Mappus: „Bitte achte darauf, dass Du das durchziehst. Das ver­ursacht sonst Sand im Getriebe, und das kann ich jetzt nicht ­gebrauchen.“

Für diese Art ganzheitlicher Wirtschaftspolitik gibt es in der Stuttgarter Altstadt einen bewährten Leitsatz: „Scheiße ist, wenn du mit Scheiße handelst, aber nicht alle Sorten vorrätig hast.“

Wie gesagt, sobald die Spanier die Italiener und die Kickers die Schotten besiegt haben, muss ich mich vom Fußball ab- und der Abrissbirne zuwenden. An diesem Samstagabend beispielsweise steigt auf dem Kultur-Areal Türlenstraße – wohin das Staatstheater vor der deutschen Ingenieurskunst im eigenen Haus flüchten musste – ein Endspiel: Die „Waschstraße“, einer der kleinen Veranstaltungsräume in der Stadt, wird dichtgemacht. Es heißt, die Gebäude würden in Bälde abgerissen.

Zieht die Fahnen ein und das Genick! Euro-Fußball ist vorbei. Die Stuttgarter Polterparty geht weiter.



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