Bauers DepeschenSonntag, 01. März 2009, 292. DepescheBETR.: MONTAGSDEPESCHE, ETWAS FRÜH Das Stuttgarter Veranstalter-Team Montagegruppe meldet für heute: „Tonstudio, Ecke Langestraße/Theodor-Heuss-Straße 23, Stuttgart: AM 30. MAI IST WELTUNTERGANG. Eskapismus einmal anders. Wiederholt haben uns Besucher unserer Abende darauf hingewiesen: Am 21. 12. 2012 ist es mal wieder so weit - laut Maya-Kalender geht die Welt unter. Um uns auf unser unausweichliches Schicksal einzustimmen, beschäftigen wir uns an diesem Abend mit der Chronik der bislang fälschlicherweise prophezeiten Weltuntergänge.“ Da gehen wir hin. Zwei Wochen offizieller Urlaub sind vorbei, heute beginne ich wieder, Kolumnen zu schreiben. Falls sich jemand für Stuttgarts östlichsten Außenposten Hedelfingen, die Hauptstadt der Trockenmauern, interessieren sollte: Der Fotograf Lutz Schelhorn und ich haben darüber eine Seite für die „Stuttgarter Nachrichten“ gemacht; heute kann man sie im Lokalteil lesen. Am Sonntag bin ich ebenfalls Richtung Hedelfingen gefahren, habe mich einige Stationen davor in Ostheim umgesehen. In Ostheim, Rotenbergstraße 127, befindet sich das Wirtshaus Friedenau; dort gastiert am 18. März der Flaneursalon. In den Straßen standen am Sonntag noch Plakate mit dem Hinweis auf den „Politischen Aschermittwoch“ in der Friedenau. Irgendein SPD-Abgeordneter war angekündigt worden; die SPD entblödete sich nicht, den Begriff „Roter Osten“ auf dem Plakat zu benutzen. Ostheim war rot, als die SPD schon schwarz war wie die Nacht. In der Stadtbücherei findet man noch den „Ostend-Roman“ des Stuttgarter Schriftstellers Manfred Esser (1938 bis 1995), vereinzelt auch bei Amazon. „Esser hat, und das muss ihm vielleicht am höchsten angerechnet werden, zu zeigen versucht, dass der politische Roman auch ein avantgardistischer sein kann", schrieb Helmut Heißenbüttel 1983. Esser hatte Probleme mit dem Herz. Die Stuttgarter Kickers haben in der Rückrunde noch kein Heimspiel in Degerloch bestritten. Der Verein gerät in Vergessenheit. Gestern habe ich bereits meine Winterstiefel in die Abstellkammer geräumt. Ich hatte sie mir extra für die Kickers-Spiele gekauft. Jedesmal, wenn ich sie anziehen wollte, wurde das Spiel abgesagt. Man braucht auf der Waldau keine Männerstiefel. Das ist ein Sandalenclub. In der Staatsoper war ich. Drei zusammenhängend Stücke über die Unmöglichkeit von Liebe: Béla Bartók („Herzog Blaubarts Burg“), Arnold Schönberg („Erwartung“), Heiner Müller („Quartett“) mit Musik von FM Einheit. FM Einheit, bis Mitte der Neunziger bei den Einstürzenden Neubauten, wurde vom Publikum gefeiert. Er bediente, barfuß im schwarzen Overall und mit schwerem Elektrikergürtel, Stahlfedern mit Hammer und Bohrmaschine, Apple-Notebooks und mir unbekannte Maschinen. Mitten im Müller-Stück krachten Türen im Zuschauerraum. Ein Griff ans Frauengeschlecht während des Dialogs zweier Frauen hatte die Ehrbaren in die Flucht geschlagen. Die Welt ändert sich nie, es sei denn, sie geht unter. Ich danke Frau Mirjam mit jott, weil ich in meinem Regal tatsächlich die schon etwas betagte CD „Public Recording“ der norwegischen Sängerin Gry gefunden habe – ein Album „with FM Einheit and his orchestra“. Das war noch gute Musik-Beratung, früher. Gestern kam ein neuer Stuttgart-„Tatort“ im Fernsehen. Viele Leute diskutieren dieses Ereignis schon im Vorfeld, als würde eine Leiche dem Kommissar an die Eier greifen. Eine Leiche kann aber dem Kommissar gar nicht an die Eier greifen. Er hat keine. Zurzeit ist Mickey Rourke in „The Wrestler“, Sean Penn in „Milk“ und von kommenden Donnerstag an Clint Eastwood in „Gran Torino“ zu sehen. Wie kann da ein gesunder Mensch auf die Idee kommen, kurz vor Weltuntergang 90 Minuten seines Lebens einer Nase namens Richy Müller zu opfern? REKLAME: Flaneursalon-Termin: Mittwoch, 18. März 2009, 20 Uhr. Restaurant-Theater Friedenau, Rotenbergstraße 127, Stuttgart-Ost. Mit Stefan Hiss, Dacia Bridges, Michael Gaedt. Karten: 07 11 / 2 62 69 24. Immer noch suche ich einen Ost-Agenten für die Propaganda! Kolumnen in den Stuttgarter Nachrichten: www.stuttgarter-nachrichten.de/joebauer „Kontakt“ wird ein funktionierender E-Mail-Link. |
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